Haushaltgeräte: V-Zug nimmt Kampf gegen Electrolux & Co. auf (2024)

Die Haushaltgeräte von V-Zug haben typisch schweizerische Qualitäten wie Zuverlässigkeit und Umweltfreundlichkeit. Doch ob dies genügt, um im Wettbewerb mit Electrolux und anderen internationalen Schwergewichten zu bestehen, ist fraglich.

Dominik Feldges, Zug

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Wer eine neue Waschmaschine benötigt, hat die Qual der Wahl. In diesem hart umkämpften Markt mischen zahlreiche Unternehmen mit – von internationalen Grosskonzernen wie Samsung und LG (beide aus Südkorea), Electrolux (Schweden) oder der von der deutschen Bosch-Gruppe kontrollierten BSH Hausgeräte bis hin zu zahlreichen, primär regional ausgerichteten Anbietern wie den beiden Schweizer Firmen V-Zug und Schulthess. Die Preisunterschiede sind enorm. Auf Portalen im Internet reichen die angezeigten Preise für Waschmaschinen in der Schweiz von knapp 350 bis zu 4000 Fr. für den Gebrauch in einem Einzelhaushalt.

Hoher Marktanteil nur in der Schweiz

Am oberen Ende bewegen sich die Produkte sowohl von V-Zug wie von Schulthess. Die beiden führenden Schweizer Anbieter versuchen seit Jahren, primär Kunden mit hohen Ansprüchen anzusprechen. Sie verweisen auf ein schickes Design ihrer Geräte, eine hohe Verarbeitungsqualität, Bedienungsfreundlichkeit, einen vergleichsweise niedrigen Strom- und Wasserverbrauch sowie ein engmaschiges Netz im Service, falls doch einmal ein Defekt auftreten sollte. Die Argumente scheinen in der Schweiz gut zu verfangen. Beide Unternehmen erreichen laut eigenen Angaben im Heimmarkt trotz grosser internationaler Konkurrenz hohe Marktanteile.

Allerdings weigert sich die Branche der Hersteller von Weisswaren, zu denen Waschmaschinen und andere Haushaltgeräte wie Kochherde, Geschirrspüler und Kühlschränke gezählt werden, gegenüber der Öffentlichkeit die einzelnen Anbieter im Schweizer Markt nach Grösse aufzuschlüsseln. Zahlen gibt es, doch werden sie nicht publiziert. Auch die Firma V-Zug, die sich Ende des vergangenen Juni von ihrer bisherigen Muttergesellschaft Metall Zug abgespalten hat und nun separat an der SIX Swiss Exchange figuriert, will sich weiterhin nicht in die Karten blicken lassen. Ihr neuer Verwaltungsratspräsident Oliver Riemenschneider beschränkte sich an der Halbjahreskonferenz am Unternehmenssitz in Zug auf die vage Aussage, man sei ein «echter Leader».

Rückschlag in den USA

Der Schweizer Gesamtmarkt entwickelte sich im zurückliegenden ersten Semester laut dem Management von V-Zug trotz der Coronavirus-Pandemie weitgehend stabil. Die vorübergehende Schliessung von Baustellen im Tessin sowie in Teilen der Westschweiz habe sich nur begrenzt negativ ausgewirkt, hiess es. Das Geschäft mit Neubauten macht rund ein Drittel des Umsatzes von V-Zug aus. Ebenfalls je ein Drittel steuern die Erneuerung von Geräten bei Renovationen und der individuelle Austausch von Waschmaschinen und Küchengeräten beispielsweise aus Altersgründen bei.

Die Robustheit des Schweizer Absatzmarkts verhalf V-Zug zu einer stabilen Entwicklung. Der Umsatz verharrte bei knapp 260 Mio. Fr. Im internationalen Geschäft, das die Firma seit Jahren mit eher wenig Erfolg voranzutreiben versucht, war die Ausbeute einmal mehr bescheiden. Zwar erhöhten sich die Verkäufe bei den eigenen Geräten im Ausland von rund 12 Mio. auf knapp 17 Mio. Fr., doch resultierte im sogenannten OEM-Geschäft mit einem US-Abnehmer ein deutlicher Rückgang. V-Zug produziert für eine amerikanische Familienfirma seit geraumer Zeit hochpreisige Steamer, die im Zuge der Corona-Krise in den vergangenen Monaten deutlich weniger gefragt waren.

Konzentration auf Luxuswohnungen

Mit einem Gesamtumsatz von rund 24 Mio. Fr. tragen Geschäfte im Ausland weiterhin weniger als 10% zum Konzernerlös bei. Das Unternehmen hat sich nun aber vorgenommen, die internationalen Einnahmen innerhalb der nächsten fünf Jahre zu verdoppeln. Es will sich dabei wie bis anhin auf das Marktsegment von Luxuswohnungen in Grossstädten konzentrieren.

In den vergangenen Jahren hat V-Zug im Ausland einen Verkaufsapparat aufgebaut, der mittlerweile 140 Beschäftigte umfasst. Wie Riemenschneider durchblicken lässt, unterscheiden sich die Anforderungen an den Verkaufserfolg in den einzelnen Absatzmärkten stark. In Asien beispielsweise müssten oft Dienstmädchen geschult werden, weil sie es seien, welche die Küchengeräte sowie die Waschmaschinen und Wäschetrockner in erster Linie bedienen würden.

Laut dem Verwaltungsratspräsidenten, der seit knapp einem Jahr im Amt ist und hauptberuflich als Manager für den Industrieriesen ABB arbeitet, legen besonders in Asien anspruchsvolle Kunden Wert auf eine europäische Ausstattung ihrer Küche. Damit ist indes auch gesagt, dass V-Zug selbst unter diesen Voraussetzungen mit einer Reihe von Konkurrenten im Wettbewerb steht. Hochpreisige Küchengeräte oder Waschmaschinen bieten aus Europa neben BSH (unter anderem mit den Marken Gaggenau und Siemens) und Electrolux auch das deutsche Unternehmen Miele und der US-Konzern Whirlpool (Bauknecht) an. All diese Firmen bewegen sich mit ihren Umsätzen weltweit im Milliardenbereich und sind somit ungleich grösser als V-Zug.

Dereinst wie Schindler?

Beim Zuger Traditionsunternehmen ist man gleichwohl bestrebt, international die Rolle des David gegen Goliath zu spielen. Man träumt davon, in hochwertigen Liegenschaften dereinst einen ähnlich prominenten Fussabdruck wie der Aufzughersteller Schindler und die ebenfalls schweizerische Sanitärtechnikfirma Geberit zu hinterlassen. «Mit Swissness lässt sich auch in der Küche und bei Waschmaschinen punkten», ist Riemenschneider überzeugt.

Die Firma V-Zug investiert zurzeit stark in die Vernetzung ihrer Geräte, um die Wartung zu erleichtern. Zudem sollen die Benutzer befähigt werden, mit ihrem Smartphone die Apparaturen zu steuern sowie zusätzliche Informationen wie Rezepte abzurufen. Solche Dienstleistungen sind in der Weisswaren-Branche allerdings zum Standard geworden. V-Zug muss aufpassen, den Branchenschwergewichten, die über deutlich mehr Mittel für die Produkteentwicklung verfügen, nicht stets einen Schritt hinterherzuhinken.

Digitalisierung kostet viel Geld

Vor allem die Offensive des Unternehmens im Bereich Digitalisierung kostet viel Geld. Die Ausgaben in Forschung und Entwicklung verschlangen im ersten Halbjahr erneut rund 11% des Umsatzes. Auf ähnlichem Niveau hatten sie sich bereits in den beiden Vorjahren bewegt.

Von seinen Aktionären verlangt der Börsenneuling, dass sie den Forschungsaufwand, zu dem sich hohe Investitionen in eine umfassende Erneuerung des Stammwerks in Zug sowie in den Bau einer neuen Kühlschrankfabrik in Sulgen (TG) gesellen, stillschweigend gutheissen. Auf die Ausschüttung einer Dividende soll in den ersten drei Jahren nach dem Börsengang verzichtet werden.

Das Unternehmen kann sich diese «Bevormundung» seiner Aktionäre leisten: Nur knapp 39% des Aktienkapitals befinden sich im Streubesitz. Die frühere Muttergesellschaft Metall Zug ist nach wie vor zu 30,27% an V-Zug beteiligt. Gewichtige Anteile werden zudem wie bei Metall Zug von Mitgliedern der Buhofer-Familie gehalten.

Protektionismus in den USA

In den USA hat sich Präsident Donald Trump Anfang August beim Besuch eines Werks von Whirlpool im Gliedstaat Ohio damit gebrüstet, Arbeitsplätze in der einheimischen Weisswarenbranche geschaffen zu haben. Er erinnerte daran, die Einführung eines Strafzolls von bis zu 50% auf importierten Waschmaschinen veranlasst zu haben. Die Massnahme ist seit 2018 in Kraft und war vor allem gegen massenhafte Einfuhren von Produkten südkoreanischer Hersteller eingeführt worden. Laut einer letztjährigen Studie von Ökonomen der US-Notenbank sowie der Universität Chicago trug dieser Schritt aber nur zur Schaffung von ungefähr 1800 Arbeitsplätzen bei. Zugleich habe sich für die amerikanischen Konsumenten die Anschaffung einer neuen Waschmaschine um durchschnittlich 12% bzw. um 86$ verteuert.

Die Firmenführung von V-Zug bestätigt, dass in vielen Branchen Mauern hochgezogen würden. Den eigenen Sektor sieht das Unternehmen aber nicht von Importrestriktionen betroffen – eine überraschende Aussage angesichts der jüngsten Vorgänge in den USA.

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